6. Oktober 2012

SPRUNGBRETT XX

Die Qualität nimmt zu

Nachwuchskünstler überzeugen beim 20. Mühlensprungbrett in Oberteuringen

Von Michael Tschek - erschienen: Schwäbische Zeitung, 07.10.2012


Entdeckungen mit ordentlich Potenzial

Viele Künstler bieten beim 20. Sprungbrett im Kulturhaus Mühle Oberteuringen bewundernswerte Auftritte

Von Philipp Sitte - erschienen: SÜDKURIER, 09.10.2012

 Die Qualität nimmt zu

Nachwuchskünstler überzeugen beim 20. Mühlensprungbrett in Oberteuringen

Von Michael Tschek - erschienen: Schwäbische Zeitung, 07.10.2012

OBERTEURINGEN / mt Das Oberteuringer Mühlensprungbrett durfte im Kulturzentrum Mühle ein kleines Jubiläum feiern: Nach dem Start mit dem 1. Sprungbrett am 21.04.2006 trafen sich am Samstag bereits zum 20. Mal junge Nachwuchskünstler – drei Einzelinterpreten, einem Pop-und Jazz Chor und drei Bands -, um von Comedy über Lieder zur Gitarre, Folk und Rock, Metal-Covers bis hin zum Reggae nicht nur ihr musikalisches Talent zu präsentieren sondern dabei auch ihre „Bühnenfestigkeit“ zu stärken. Genau das war die Idee von Bruno Rauscher und seinem Team, als sie das Mühlensprungbrett vor sechs Jahren starteten. Vorausschauend denkt Rauscher, dass es so „weitergehen“ werde. Die Qualität hätte sich gesteigert und deshalb würde es für ihn „immer mehr Spaß machen“.

Wie schon die Jahre zuvor startete die Talente-Präsentation mit einer Rock-Session am Freitagabend und dabei stand mit „Sons of Beethoven“ (Roland Geafer, Tanja Zwerger, Michael Muhry und Gary von Schmauder), eine Band auf der Bühne, die es mit eigenen Arrangements, virtuosem Gitarrenspiel und Gänsehautstimmen nach mehreren Sprungbrettern zwischenzeitlich auf das „3-Meter-Brett“ geschafft haben.

„Auf die Bühne fertig los“ hieß es dann am Samstag für die Nachwuchstalente. Eingestimmt wurden sowohl Künstler und Zuhörer durch den Gastauftritt der Tanz- und Theaterformation „Special Mix“ aus Ravensburg, wobei die fünf Mädels nicht nur tänzerisch brillierten, sondern auch mit ihrem Outfit“ ein echter Hingucker waren.

So angeheizt gab es erst mal Comedy von „Yo Kurt“ (Kai Krüger) aus Markdorf, der unter anderem morgens schon Zwiegespräche mit seiner Toilette und Kaffeemaschine führte.

„Jutta“ (Jutta Rotzinger) war aus Kreuzlingen angereist und präsentierte Roch-und Popsongs begleitet von ihrer Gitarre. Mit „Ich brauch dich hier“ stellte sie auch ihre erste eigene Komposition vor.

Für „Michelle“ (Michelle-Fabienne Laib) aus Meckenbeuren-Buch ist nach wie vor, trotz ihres Life-Auftrittes 2010 beim Nachwuchswettbewerb für 12 bis 16-jährige im Kinderkanal in Erfurt, das Oberteuringer Sprungbrett ihr ganz spezieller Ort, um die Bühnenfestigkeit zu finden. Die Schülerin, die seit dem 12. Lebensjahr mit Leidenschaft singt, überzeugte mit ihrer klaren und ausdrucksvollen Stimme.

Stimmgewaltig war auch der anschließende Auftritt des Pop- und Jazzchores „Lauschangriff“ (Frank Steffens, Bettina Litz, Ellen Steinle, Marion Kleck, Christine Pietrek, Uli Steinle, Joe Bär und Hans-Jörg Saile) aus Ravensburg. Besonders beeindruckend war ihr Song „Afrika“ von „Toto“.

Ohne die Auftritte der Bands „Duality“ (Daniel Hafner & Friends) aus dem Deggenhausertal mit selbst komponierten Folk- und Rock-Songs und der Metal-Band „Silverbacks öf Death“ (Joachim und Claus Rehm, Marco Gottemaier, Christian Fässler und Ralf Heine) aus Ravensburg-Berg mit Songs von „Black Sabath“ „Judas Priest“ und „John Mayhall“ schmälern zu wollen, doch „Joe Rain and The Backyard Tribe“ heizten die Mühle mit dem typischen jamaikanischen Raggae-Sound um Bob Marley so richtig ein und wurden somit zum Höhepunkt des Abends. Josef Otina Avedi- Südafrikaner der in Konstanz lebt - hat um sich herum eine Multi-Kulte-Band, mit Musikern aus Kenia, Mozambique, Elfenbeinküste, Rumänien und Deutschland gescharrt, die, obwohl sie bisher nur fünf bis sechs Auftritte im Jahr haben, jederzeit in der Lage sind, ein Publikum zum Siedepunkt zu bringen.

Das 21. Sprungbrett findet dann am 13. April 2013 statt.


Entdeckungen mit ordentlich Potenzial

Viele Künstler bieten beim 20. Sprungbrett im Kulturhaus Mühle Oberteuringen bewundernswerte Auftritte

Von Philipp Sitte - erschienen: SÜDKURIER, 09.10.2012

Bei Zuhilfenahme eines Sprungbretts – gerade wenn der Sprung hoch und weit angesetzt ist – ist die Landung oft hart und böse. Alle acht Darbietungen bei der 20. Auflage des „Sprungbretts“ in der Mühle Oberteuringen jedoch landen weich und geschmeidig. Die einen oder anderen kommen gar nicht zur Landung, sondern heben zwischenzeitlich so richtig ab. Wahre Sternstunden inklusive.

Die Voraussetzungen sind perfekt: Es ist nicht die größte Bühne der Region, dafür gibt es viele neugierige und wohlgesonnene Gesichter in eher familiärem Ambiente. Genau richtig, um Bühnensicherheit zu bekommen. Manche haben das kaum nötig, wie „Special Mix“ aus Ravensburg, die mit einer geradezu lasziven Choreografie den künstlerischen Reigen eröffnen, ohne dabei plump zu wirken.

Doch Künstlern wie dem Komiker Kai Krüger kommt die „Sprungbrett“-Idee entgegen. Schließlich gehört viel Mut dazu, auf eine Bühne zu steigen – wie groß auch immer sie sei. Jutta Rotzinger aus Kreuzlingen nutzt diese Chance konsequent. Nachdem sie in den ersten Liedern ihre Richtung sucht – wunderbar zu ihrer Stimme passt „He won't go“ von Adele – profiliert sie sich auch mit einer Eigenkomposition. In „Wohin“ wird jemand beschrieben, der seinen Platz in der Gesellschaft sucht und sich mitunter etwas verloren vorkommt in der Welt: „Frag mich, wo die andern sind, es spielt kein Mensch, es spricht kein Kind. Obwohl niemand da ist, werd ich erdrückt.

“ Tiefgründiger hätte es auch Hermann Hesse nicht ausdrücken können. Hoffnung bietet die Natur: „Ich lauf den Vögeln hinterher, der Wind weht und mein Kopf schön leer.“ Dazu sauber vorgetragen gibt es bei ihrem eigenen Werk verdient den größten Applaus für die bescheidene Sängerin.

Sympathisch auch Michelle-Fabienne Laib. Welch eine Leidenschaft und Ausstrahlung bei „I love Rock'n'Roll“! Schade, dass sie (noch) keine Band hat. A-Cappella-Gesang führt schnell zur Blamage. Beim Pop- und Jazzchor „Lauschangriff“ ist dies nicht der Fall. Höchstens möchte man ihnen zunächst zurufen, die hinteren beiden Silben in ihrem Namen mehr zu verinnerlichen: „Traut euch!“ Doch sie singen sich warm, professionell werfen sie sich verschiedene Parts zu und bieten schließlich eine zunehmend ausgereifte Dynamik. Bei „Duality“ aus dem Deggenhausertal wird es spannend sein, die Entwicklung weiterzuverfolgen. Nach erst einmonatigem Zusammenspiel liefern sie einen soliden Folk-Rock-Auftritt, und das mit eigenen Stücken. Das verdient Respekt.

Dann geschieht nicht Vorhersehbares. Was „The Backyard Tribe“ aus Ulm bieten, kann man nicht erwarten. Die Mühle läuft heiß und dreht sich wie wild. Sänger Jo Avedi sprüht vor Leben, lässig ist der Rest der Reggae-Band. „Die Welt ist Wahnsinn“, sagt Josef. Er ist das auch – wahnsinnig gut. Bei aller Dominanz des Sängers, die Gruppe besticht vor allem dadurch, dass alle mitziehen. Drumset, Bass, Gitarre, Keyboard: Es fügt sich zu einem runden Ganzen und jeder weiß, was er zu tun hat. Halten sich die beiden Sängerinnen Steffi und Simone meist dezent begleitend zurück, liefern sie dazwischen abgebrüht absolut reine Soli. In den Texten geht es um soziale Kritik oder die Sehnsucht nach Liebe. Anhänger einer multikulturellen Republik dürften begeistert sein: Aus fünf verschiedenen Nationen (Kenia, Elfenbeinküste, Mozambique, Rumänien, Deutschland) stammen die acht Musiker. Der „Chiemsee Reggae Summer“ oder welches Festival auch immer warten.

Den ehrenamtlichen Organisatoren ist eine ausgesprochen abwechslungsreiche Zusammensetzung der Künstler gelungen. Das zeigt auch die Auswahl der Metal-Band „Silverbacks öf Death“. Ihnen gelingt die Herausforderung, die Stimmung zu halten, sodass der Abend würdig und ansprechend ausklingt, ohne in schieren Krach auszuarten.